Digitalisierung :
„Generative KI mit deutschen Daten trainieren“

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DLD in München: Auch Tech-Profis fragen sich, wie es weitergeht.
Künstliche Intelligenz kann der Schlüssel für Deutschlands digitale Aufholjagd werden – wenn die Daten richtig genutzt werden und die Investitionen in die richtigen Bahnen gelenkt werden.

Generative KI tritt – nach dem Experimentieren 2023 – in diesem Jahr in die produktive Phase ein. „Ich habe den Eindruck, in den Unternehmen werden jetzt für eine zweite Phase die Ärmel hochgekrempelt. Jeder hat viel experimentiert, jeder hat mal in der Presse was zu generativer KI gesagt, jeder hat ein Unternehmens-GPT angekündigt. Jetzt geht es darum, echte Werte zu schaffen. Aktuell werden wir von der deutschen Industrie geradezu überrannt“, sagt Jonas Andrulis, der CEO der deutschen KI-Hoffnung Aleph Alpha.

Auch Thomas Dohmke, der aus Deutschland stammende Chef der weltgrößten Entwicklerplattform Github, sieht in der KI einen Schlüssel für deutsche Unternehmen, den Rückstand in der digitalen Welt aufzuholen. „KI kann der Treiber sein. Deutschland ist das siebtgrößte Land bei KI-Open-Source. Aber wir müssen stärker investieren“, fordert Dohmke.

In einer aktuellen BCG-Umfrage unter 1400 Führungskräften großer Unternehmen zählen 89 Prozent der Befragten die KI zu ihren Top-3-Investitionsprioritäten in diesem Jahr. Auf der Suche nach vielversprechenden Einsatzgebieten für die generative KI werden meist die Softwareentwicklung und der Kundenservice genannt. Für die deutsche Industrie bieten sich aber mehr Optionen an, sagt der Münchner Informatikprofessor Björn Ommer, Erfinder des Bildgenerators Stable Diffusion und KI-Experte: „Eine Stärke der deutschen Industrie gegenüber großen amerikanischen Technologiefirmen ist ihr direkter Kundenzugang in ihren Anwendungsbereichen und die damit einhergehenden Daten. Hier kann die Anpassung generativer KI durch ein Nachtrainieren auf diesen nicht öffentlich zugänglichen Daten großes Potential entfalten“, sagte Ommer dem D:ECONOMY-Briefing.

Keine Modelle von der Stange

Große Chancen sieht er bei Daten und den zugehörigen Anwendungen, die sich deutlich von den allgemein anwendbaren Foundation-Modellen wie GPT-4 von Open AI abheben. So hat das deutsche Start-up Nyris auf Stable Diffusion aufgebaut. Um visuelle Suche im industriellen Rahmen zu revolutionieren, werde der Bildgenerator in das genaue Gegenteil verwandelt, einen bildbasierten Suchalgorithmus. „Auch bei sensitiven Anwendungen ist ein Modell von der Stange alleine schon aus rechtlichen Gründen oftmals kritisch zu beurteilen. Ein auf diese speziellen, nicht allgemein verfügbaren Daten angepasstes Modell kann die Herausforderungen adressieren“, empfiehlt Ommer, der auf der Burda-Digitalkonferenz DLD in München auch den technischen Fortschritt in der generativen KI skizziert hat, der einer S-Kurve folge, also nach einer Phase schnellen Fortschritts in eine Sättigung hineinlaufe, die auch mit mehr Geld und Rechenpower nicht unendlich verlängert werden könne.

„Aber das bedeutet nicht, dass generative KI sich nicht mehr verbessert. Im Gegenteil: Wir werden weitere Fortschritte sehen – aber nicht, indem wir aktuelle Modelle einfach skalieren. Es gab bereits in der Vergangenheit Paradigmenwechsel, die wir auch künftig erleben werden“, sagte Ommer voraus.